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Handaufzucht
Da es vorkommen kann, dass die Mutter eines Wurfes verstirbt wird im Folgenden die Möglichkeit der Handaufzucht beschrieben. Ebenso kann es sein, dass ein einsames Wildmausbaby aufgefunden wird. Hier sollte man jedoch gut abwägen, ob es sinnvoll ist dieses mit nach Hause zu nehmen und den Versuch zu starten es aufzupäppeln. So schwer es auch ist ein kleines Lebewesen liegen zu lassen - es bleibt ein Eingriff in die Natur. Es soll hier nicht die Behauptung aufgestellt werden, dass man alle kleinen oder verletzten Lebewesen einfach liegen lassen soll. Aber man sollte zumindest gut abwägen und im Sinne des Tieres perspektivisch denken. Ganz allgemein gefasst kann eine Handaufzucht natürlich lebensrettend sein.
Hilfsmittel
Als Hilfsmittel werden hier Nahrungsmittel oder Gegenstände aufgeführt, die bei einer Handaufzucht benötigt werden.
Milchersatz
- spezielle Aufzuchtmilch vom Tierarzt (meistens für Katzenkinder) oder aus der Zoohandlung (Katzenwelpenaufzuchtspulver, hier bitte darauf achten, dass die Packung keinen Vermerk mit „extra viel Taurin“ einhält. Empfehlung: Katzenaufzuchtsmilch von Beaphar)
- süße Sahne und Fencheltee im Mischungsverhältnis 1:1
- Kaffeesahne und Fencheltee im Mischungsverhältnis 2:1
Die beiden letzteren Mischungen können mit einer geringen Menge Vitaminpaste versetzt werden.
Nicht zu verwenden sind Produkte zur Aufzucht die entweder schon sehr alt oder nicht explizit für Nagetiere geeignet sind.
Da es so gut wie keine Aufzuchtspräparate für Nagetiere gibt ist die Optimallösung die Aufzucht mit Päppelprodukten für Katzen.
Kuhmilch, Milchzucker und Industriezucker können zu Durchfall führen und sollten nicht verwendet werden.
Keinesfalls sollte der Milchersatz in den Tagen der Aufzucht gewechselt werden. Ein Wechsel des Nahrungsmittels könnte zu massiven Verdauungsstörungen und letztendlich auch zum Tod des Tieres führen.
Der Milchersatz sollte in den ersten Lebenstagen alle 2 Stunden mit einer Temperatur von ca. 38°Grad gefüttert werden. In den ersten Tagen frisst ein Jungtier ca. 0,1 bis 0,3 ml.
Behaarte Jungtiere mit geschlossenen Augen sind ca. alle 3-4 Stunden zu füttern.
Jungtiere mit geöffneten Augen bekommen ihre Mahlzeit alle 6 Stunden. Zusätzlich kann nun schon eine Schale mit Brei und Schmelzflocken bereitgestellt werden.
Schmelzflocken
Ab dem 9. Lebenstag sollte die Milch mit einer zunehmenden Menge Schmelzflocken versetzt werden, damit sich das Jungtier an feste Nahrung gewöhnt.
Pipette oder Spritze
Durch diese Hilfsmittel ist das Portionieren und Füttern leichter. Sie sind beim Tierarzt oder in der Apotheke erhältlich.
Gute Erfahrungen wurden mit Spritzen mit speziellen Aufsätzen zur Aufzucht von Hunde- oder Katzenwelpen gemacht.
Tipp: Die Ersatzmilch in eine Hautfalte der Hand tropfen lassen, wo das Jungtier mit der Schnauze dran setzt. So lernt es schnell, dass die Milch etwas Gutes ist und schleckt diese ab.
Anfänglich müssen einige Jungtiere zu ihrem „Glück“ mit etwas leichter Gewalt gezwungen werden, bis sie sich an den Geschmack der Milch gewöhnt haben.
Küchenrolle oder WC-Papier
Dies sollte vor allem in den ersten Tagen immer griffbereit sein, damit das Jungtier nach dem Füttern um Maul und Nase gesäubert werden kann und weder stark verklebt noch nass ins Nest zurückgelegt wird!
Das Jungtier immer vorsichtig säubern. Bitte weder mit Wasser oder gar Spülmittel/Shampoo säubern oder gar das Jungtier baden wollen!
Wattestäbchen
Damit massiert man nach jeder Fütterung den Bauch des Jungtieres, solange bis Kot und Urin abgegeben werden. Es fördert die (über-)lebenswichtige Verdauung.
Es sollte immer vorsichtig im Uhrzeigersinn massiert werden.
Nach dem Absetzen von Urin und Kot sollte der Bereich der Geschlechtsorgane mit einen leicht angefeuchteten Papiertuch vorsichtig sauber macht werden.
Es kann vorkommen, dass das Jungtier mal keinen Kot oder Urin absetzt. Nach einer Minute sollte man deshalb die Bauchmassage einstellen und das Jungtier zurück in den Käfig legen. Sobald es anfängt selbstständig Kot abzusetzen, kann man die Massagen ganz einstellen.
Nestersatz
Wenn keine erwachsene Farbmaus da ist, um das oder die Jungtier(e) zu wärmen, so kann man als Nestersatz ein kleines Nest aus unparfümierten Zellstoff oder einer Stoff-/Pelztasche formen (wichtig der Stoff sollte keine Fäden ziehen) und unter das Ersatznest eine Wärmflasche legen. Diese Flasche sollte um die 38°Grad gewärmt sein.
Rotlichtlampen sollte man nicht verwenden, da diese die ohnehin oft dehydrierten Tiere austrocknen.
Die Temperatur sollte nicht unter 35°C und nicht über 39°C liegen.
Was zuerst?
Gefundene Tiere müssen unbedingt mit Flüssigkeit versorgt werden, besonders dringend ist es wenn sie bereits längere Zeit gehungert haben.
Ein dehydriertes Tier kann keine Nahrung verdauen!
Um den Flüssigkeitshaushalt wieder auf Trab zu bringen eignet sich lauwarmer Fencheltee (gut für die Verdauung). Der Tee sollte über ein bis zwei Stunden eingeflößt werden, bevor man langsam mit der Ersatzmilch beginnt..
Sehr geschwächte Jungtiere sollten unverzüglich zu einem Tierarzt gebracht werden, da die orale Gabe von Flüssigkeit evtl. nicht ausreichend ist und der Tierarzt die Möglichkeit hat mit einer Spritze Flüssigkeit in den Körper des Tieres zu führen.
Stark ausgekühlte Jungtiere müssen erst gewärmt werden, ehe eine Milchgabe Sinn macht!
Wie füttern?
Das Jungtier sollte in den ersten Tage leichter Rückenlage (ähnlich, als wenn es bei der Mutter säugen würde) die Ersatzmilch verabreicht bekommen.
Achten Sie darauf, dass keine Milch in die Nase fließt und füttern sie langsam, damit das Jungtier sich nicht verschluckt.
Handaufzucht ist mit sehr viel Geduld verbunden, überhastetes Futtern bringt weder ihnen noch dem Jungtier etwas, also immer Zeit und Ruhe zum Füttern mitbringen!
Nach einigen Tagen nehmen die Jungtiere die Milch im „Sitzen“ entgegen, hier kann man den oben genannten Tipp mit der Hautfalte anwenden und die Tiere so die Milch von der Hand aufschlecken lassen.
Wenn sie denken, dass ihr Jungtier zu wenig gefressen hat, so sollten sie nach 20 bis 30 Minuten die nächste Fütterung ansetzen. Gerade Jungtieren die lange gehungert haben, muss man behutsam wieder an Nahrung gewöhnen.
Tipp: Im Winter kann man das Jungtier unter einer Rotlichtlampe füttern. Die abgegebene Wärme sollte handwarm sein, auf keinen Fall zu heiß.
Falls man sich nicht sicher ist, auch hier mit einem Thermometer die Temperatur sicherheitshalber nachmessen!
Wann entwöhnen?
Sobald das Jungtier anfängt feste Nahrung zu sich zu nehmen, kann man langsam entwöhnen (meistens ab der dritten bis vierten Lebenswoche).
Langsam die Abstände zwischen den Fütterungen verlängern und behutsam entwöhnen.
Zusätzlich kann man auch einfach einen Napf mit Ersatzmilch in den Käfig stellen und diese Milch alle paar Stunden erneuern.
Wie gut sind die Chancen?
Generell gilt, je älter und weiter entwickelt ein Jungtier ist, umso besser sind seine Chancen durchzukommen.
Gerade bei nackten Babys sind die Chancen sehr gering, trotzdem sollte man auf jeden Fall sein Glück versuchen.
Auch bei ganzen Würfen kann es vorkommen, dass nur wenige oder keins der Jungtiere überlebt.
Die Chancen sind immer besser, dass die Jungtiere durchkommen, wenn eine erwachsene Maus bei der „Aufzucht“ hilft und die Jungtiere wärmt, putzt und sie bei ihr lernen können.
Für die Helfer-Aufzuchtsrolle eignet sich am Besten ein Weibchen. Kastraten und unkastrierte Böcke lieber erstmal von den Jungtieren entfernt lassen, da diese die fremden Jungtiere töten könnten, weil es nicht ihre eigenen Junge sind!
— Sandra Thees 27.11.2006 17:29.