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Die Rennmauskastration
Vorab
Eine Kastration ist keineswegs ein harmloser Eingriff, hier entscheidet die Erfahrung des Arztes und vor allem die richtige Narkose oft über Leben und Tod.
Die zu kastrierende Maus sollte mindestens 10-12 Wochen alt sein und dabei ein Gewicht von 60 g oder mehr aufweisen.
Bei Tierheimtieren ist das genaue Alter oft unbekannt. Hier muss der Tierarzt im Einzelfall entscheiden, ob er einen Bock noch für kastrabel hält.
Es hält sich oftmals noch sehr hartnäckig das Gerücht das eine Kastration bei Rennmäusen oftmals viel gefährlicher sei als zum Beispiel bei den deutlich kleineren Farbmäusen. Dies ist nicht der Fall, bisherige Erfahrungen zeigen sogar, dass Rennmäuse diese OP im Vergleich deutlich besser verkraften.
Vor der Operation
Da Rennmäuse sich nicht übergeben können, dürfen sie bis bis kurz vor der OP bzw. bis kurz vor der Narkose fressen. Sie sollten es sogar!
Also Futter und für den Durst nach der OP etwas Grünes wie z.B. Salatgurke (geschält) in der Transportbox mitgeben. Wassernäpfe sind für den Transport nicht geeignet, da sie schnell umfallen, oder die Mäuse ihren Zellstoff darin „einweichen“ und somit alles einnässen.
Die Transportbox sollte mit Zellstoff (Küchenrolle und zerrissenes Toilettenpapier) und einem Häuschen zum Verkriechen ausgestattet sein. Ebenso sollten Sie den Käfig des Tieres schon mit Zellstoff auslegen, damit das Tier nach der Operation direkt wieder in seine gewohnte Umgebung kann.
Wegen der Infektionsgefahr der OP-Wunde muss für eine Woche auf normale Einstreu verzichtet werden!
Ein verantwortungsvoller Tierarzt wird Ihr Tier direkt vor dem Eingriff gründlich untersuchen, dh. eine Inaugenscheinnahme von Fell, Hoden, Augen vornehmen. Ausserdem wird er Ihr Tier wiegen, es auf Atem- und Herzgeräusche abhorchen.
Die Injektionsnarkose
Die Injektionsnarkose ist bei der Kastration eines kleinen Tieres wie einer Rennmaus nicht zu empfehlen, da diese Art der Narkose fast immer kreislaufdepressiv (Herz und Kreislauf belastend) ist und die Nachschlafzeit sehr lange dauert. Da man bei einem Tier mit einem so schnellen Stoffwechsel die Narkose so kurz wie möglich halten sollte ist dies ein manchmal alles entscheidender großer Nachteil.
Ist durch die Injektion erst einmal das Narkosemittel in den Körper gelangt, kann man es in seiner Stärke und Wirkung nicht mehr beeinflussen, was ein zusätzliches Risiko darstellt.
Der Vollständigkeithalber sei gesagt: Es gibt Tierärzte, die mit dieser Methode sehr große Erfolge aufweisen. Bei entsprechender Erfahrung und ausreichend hoher Erfolgsquote kann auch diese Methode angewendet werden. Häufig wird den Tieren zum Aufwachen nach der Kastration ein „Anti-Dot“- ein Aufwachmittel- gespritzt, das die Gefahren der langen Nachschlafzeit verringert.
Die Inhalationsnarkose
Bei der Inhalationsnarkose kann während der Narkose permanent die Gaskonzentration sowie die Narkosetiefe beeinflusst werden, so dass nie eine Überdosierung entstehen kann.
Bei der Wahl des Narkosegases sollte man Isofloran den Vorzug geben, da es weder kreislaufdepressiv noch lebertoxisch ist.
Von anderen Narkosegasen wie Halothan oder Oxifloran, die im Gegensatz zu Isofloran lebertoxisch sind, ist abzuraten. Sie vermindern den Abbau des Mittels über die Leber, wodurch eine Leberschädigung verursacht werden kann.
Bedenken Sie immer, die richtige Narkoseform ist immer die, die der Tierarzt am Besten beherrscht!
Die Operation
Üblich und bewährt ist folgende Vorgehensweise:
- Untersuchung der Rennmaus
- Die Rennmaus wird in Narkose gelegt.
- Hodensäcke desinfizieren, mit kleinem Schnitt eröffnen, die Hoden hervordrücken, abbinden, abtrennen.
- Beide Hodensäcke mit wenigen Stichen vernähen.
- Silberspray auf die Hodensäcke sprühen.
Insgesamt dauert die Kastration nur wenige Minuten, die Tiere liegen also nur wenige Minuten in Narkose. Die meisten Böcke sind Minuten nach der Kastration wieder völlig fit und laufen umher. Es ist aber auch normal, wenn frischkastrierte Tiere den restlichen Tag den Narkoserausch ausschlafen.
Wärmehaushalt
Während und nach der Kastration ist unbedingt darauf zu achten, dass das Risiko einer Unterkühlung verhindert wird. Deshalb wird die Rennmaus schon während der Operation auf eine Heizmatte gelegt, auf der sie bis zum völligen Erwachen bleiben sollte. Vorsichtshalber sollte man auch noch beim Heimtransport auf eine warme Unterlage achten.
Durch die Narkose wird die Temperaturregelung des Körpers vermindert, was bei einem so kleinen Tier wie einer Rennmaus schnell zu einer Unterkühlung führen kann.
Durch diesen Verlust der Körpertemperatur wird der Abbau des Narkosemittels im Körper des Tieres verlangsamt, was zu einer verlängerten und unnötig vertieften Narkose führen kann.
Zusätzlich kann man dem Tier vor und nach der Operation eine Zuckerlösung zur Stärkung des Kreislaufs als Infusion verabreichen.
Nach der Operation
Wichtig wird es, wenn man die Rennmaus wieder abholt: Nach einer Operation ist der Kreislauf sehr schlecht, daher muß man unbedingt darauf achten, dass es das Tier warm hat und nicht auskühlt- auch nicht während des Transportes!
Daheim sollte man bereits den Käfig vorbereitet haben: Alle Streu, Heu und Stroh entfernen und den Käfig stattdessen mit Zellstoff (Küchenrollen- und/oder Toilettenpapierschnipsel) befüllen.
Auch zu Hause sollte man darauf achten, dass der Käfig bzw. die Rennmaus noch warm gehalten wird; dies kann man mit einer Wärmflasche oder einer Heizdecke (niedrigste Stufe), unter dem Käfig gelegt, versuchen. Auch eine Rotlichtlampe (für ausreichend Abstand sorgen!) kann hervorragende Dienste leisten.
Das Anbieten von Trinkwasser mit etwas Traubenzucker kann dem Tier helfen, seinen Kreislauf wieder in Schwung zu bekommen.
Manche Tierärzte spritzen dem Bock als Prophylaxe gegen eine Entzündung als Folge der Operation direkt ein Antibiotikum. Klären Sie dies schon vor der Operation! Ihr Tierarzt wird Ihnen sagen, wie lange und wie oft Sie das Antibiotikum nach der Kastration geben müssen.
Weitere Nachsorge
Beobachten Sie Ihren Kastraten gut: setzt er normal Kot und Urin ab? Frisst und trinkt er? Zeigt er Anzeichen von Schmerzen? Wie sieht die Wunde aus? Unregelmäßigkeiten bei den Ausscheidungen, Schwellungen oder gar Eiter, der aus der Operationswunde austritt, sind aufjedenfall sofort dem behandelnden Tierarzt vorzustellen! An einer unbehandelten Entzündung zu sterben, wäre ein besonders „unfairer“ Tod für den frischkastrierten Bock, der doch eigentlich endlich wieder Gesellschaft bekommen sollte.
Ist die Operation gut verlaufen und das Männchen erfolgreich kastriert, sollte man zur Nachsorge die Maus noch ca. eine Woche auf kleingerissenen Zellstoffstücken halten, um die Infektionsgefahr durch Einstreu, Heu oder Stroh zu minimieren.
Die Fäden der Kastrationswunde lösen sich in den meisten Fällen von selbst auf oder werden nach einigen Tagen von der Maus abgeknabbert.
Nach 4-6 Wochen sind keine Restspermien mehr vorhanden, und man kann den Kastraten mit einem Weibchen zusammensetzen, ohne unerwünschten Nachwuchs befürchten zu müssen.
Zur erfolgreichen Vergesellschaftung eignet sich auch hier das Trenngitter.
Zum Schluss
All dies mag sich erschreckend anhören, aber ein erfahrener Arzt oder eine gute Tierklinik, die richtige Narkosemethode sowie umfassende Vor- und Nachsorge verringern das Risiko weitgehend.
Alle hier beschriebenen Methoden und Vorsichtsmaßnahmen kann bzw. sollte man vor jeder Operation mit dem Tierarzt besprechen und abklären. Scheuen Sie sich nicht, Ihren Tierarzt konkret nach seinen genauen Operationsmethoden und vorallendingen seiner Erfolgsquote zu fragen!
Tierarztempfehlungen gibt es im Forum.
Eine Kastration kostet je nach Tierarzt zwischen 20 und 60€.
Autorin: Inge Rogalla, Ergänzungen von Kathrin