Vergesellschaftung von adulten Tieren
Der Vorteil der Vergesellschaftung von adulten Rennmäusen ist, dass die Risiken, die die Flegelphase birgt, umgangen werden. Bei einer erfolgreichen Vergesellschaftung ist man relativ sicher, auf Dauer ein harmonisches Duo zu haben. Es empfiehlt sich zwei Einzeltiere zu wählen, die ungefähr im selben Alter sind und daher auch ähnliche Interessen haben.
Die Erfahrungen vieler Rennmaushalter haben gezeigt, dass es „die“ Methode für eine erfolgreiche Vergesellschaftung nicht gibt.
Üblicherweise besteht die Vergesellschaftung aus einer Mischung unterschiedlicher Methoden. Wichtig ist, dass man seine Tiere sehr gut beobachtet. Manche Rennmäuse kommen mit Enge nicht klar, andere stellen bei zu viel Platz Besitzansprüche und reagieren offensiv, wieder andere haben schlechte Erfahrungen mit anderen Mäusen gesammelt und müssen erst mühsam lernen, dass es auch liebevolle Artgenossen gibt. Es ist also sehr wichtig, dass man seine Tiere gut kennt, seine Tiere „lesen“ kann und auf sein Gefühl hört. Richtig und falsch gibt es bei Rennmausvergesellschaftungen nicht, jede ist individuell. Zudem fordert eine Vergesellschaftung dem Halter einiges an Geduld, Nervenstärke und eine gesunde Portion Mut ab.
Als hilfreich hat sich erwiesen im entsprechenden Forenbereich ein VG- Tagebuch zu eröffnen und hier seine Eindrücke, Vorgehensweisen und Reaktionen der Mäuse zu verschriftlichen. Erfahrene Rennmaushalter können dann mit Ratschlägen und Hinweisen zur Seite stehen. Aber auch unerfahrene Rennmaushalter können sich schon mal in die Vergesellschaftungsthematik einlesen und lernen.
Egal um welche Methode es sich handelt, sollte die Vergesellschaftung nie länger als 14-20 Tage dauern. Sie bedeuten für die Tiere immer viel Stress. Nach einer gescheiterten Zusammenführung sollten die Tiere alleine artgerecht untergebracht werden und mindestens 14 Tage Ruhe haben sollen, um sich vom Stress der letzten Tage zu erholen.
Hier einmal die gängigsten Methoden im Überblick:
Die Trenngittermethode
Diese Methode eignet sich insbesondere für Menschen, die noch nie eine Rennmausvergesellschaftung durchgeführt haben oder einfach unsicher sind. Das Verhalten der Rennmäuse kann in Ruhe einige Tage am Gitter studiert werden. Auch für Tiere, deren Verhalten schwer einschätzbar bzw. wechselhaft ist, eignet sich das Trenngitter. Es bietet sich an mit einem doppelten Trenngitter (TG) zu starten. Hier kann man die Reaktion der Rennmäuse in Ruhe beobachten ohne dass die Gefahr besteht, dass sie sich direkt durch das Gitter beißen. Wenn sich kein aggressives Verhalten zeigt, kann eines der Gitter bereits in den ersten Tagen entfernt werden. Oft sind die Interaktionen am einfachen Gitter intensiver, die Mäuse lernen sich kennen. Häufig ist aber auch ein massives Gitternagen zu beobachten. Es ist schwer zu unterscheiden, ob sich die Aggressionen gegen das Gitter selbst oder gegen den Artgenossen richten. Manchmal entsteht das Nagen auch einfach aufgrund der Anspannung oder Langeweile. Auch hier ist man bei der Interpretation des Verhaltens auf sein Gefühl angewiesen.
Das Aquarium mit dem Trenngitter sollte eine Seitenlänge von mindestens 100, besser 120cm haben. Es wird mittels des Trenngitters in zwei Hälften geteilt. Beide Seiten werden mit neuer Einstreu befüllt. Aufgrund der großen Seitenlänge lassen sich problemlos ein Laufrad sowie ein Sandbad unterbringen. Alternativ kann auf der einen Seite des Aquariums auch das Laufrad angeboten werden und auf der anderen Seite das Sandbad. Dies ist wichtig, damit die Rennmäuse trotz der kleinen Fläche ihren Bewegungsdrang ausleben können. Durch das Sandbad wird der Geruch der beiden Rennmäuse zusätzlich vermischt. Auf beiden Seiten sollte genügend Nistmaterial, Nagematerial sowie ein Haus angeboten werden. Die Bereitstellung eines Wassernapfes oder einer Trinkflasche ist selbstverständlich. Um den Wassernapf vor herumfliegenden Streu zu schützen, kann dieser auf dem Haus positioniert werden. Das Futter sollte in der Nähe des Trenngitters verstreut werden, sodass die Mäuse während der Nahrungsaufnahme leichter Kontakt aufnehmen können. Hat man das Aquarium eingerichtet, setzt man jede Maus in eine Aquarienhälfte.
Bis zu zweimal täglich sollte ein Seitentausch durchgeführt werden. Es ist darauf zu achten, dass der Tausch während der Wachphasen der Mäuse stattfindet, um zusätzlichen Stress zu vermeiden, da die meisten Rennmäuse durch die Enge ohnehin schon stark angespannt sind. Sollten die Tiere im Verlaufe eines Tages gar nicht gemeinsam wach sein, kann auf den Seitenwechsel auch mal verzichtet werden. Als Alternative zum Seitenwechsel kann an solchen Tagen auch einfach das Sandbad getauscht werden. Viele Rennmäuse nutzen das Sandbad auch als Toilette. Durch das Baden im Sand und Schnüffeln am Sand, lernt die entsprechende Maus schon den Geruch der anderen Maus kennen. Am einfachsten lässt sich der Seitentausch der Rennmäuse realisieren, indem man die Mäuse in eine Pappröhre, in eine Box oder eine Pappkiste steigen lässt und sie dann gleichzeitig auf der jeweils anderen Seite absetzt.
Nach etwa 7-10 Tagen, je nach Verhalten der Rennmäuse, kann man den Versuch starten und beide Mäuse zusammenführen. Hierbei bietet sich eine Duna an, die mit Streu aus beiden Aquarienhälften gefüllt ist. Auch eine große Transportbox kann als erste Station verwendet werden. Diese Transportbox wird mit neuem Streu gefüllt, sodass keine Rennmaus Besitzansprüche stellen kann, weil das Streu vermehrt nach ihr riecht. Ebenfalls kann das Trenngitter entfernt werden. Es ist hilfreich wenn kurz vorher die Einstreu von beiden Seiten durchmischt wird. Bei dem Zusammentreffen ohne Gitter ist es wichtig, sich vorher mit bissfesten Handschuhen ausgestattet zu haben. Auch eine (weitere) Transportbox sollte bereit stehen um im Notfall die Mäuse zu trennen. Wenn die Tiere die ersten 24 Stunden mehr oder weniger friedlich miteinander verbracht haben, dürfen sie in das abgetrennte Endgehege übergesiedelt werden. Die Maße sollten 50x40cm nicht überschreiten. Bei friedlichem Verhalten darf von nun an jeden Tag eine Veränderung vorgenommen werden: Entweder mehr Platz oder Streu/Nistmaterial oder ein neues Inventarteil. Das Laufrad sollte ca 4-5 Tage nach dem Umsetzen in das Gehege angeboten werden, sodass überschüssige Energie von den Tieren abgelaufen werden kann.
Die Großraummethode
Das Merkmal der Großraummethode ist, dass die erste Begegnung der Rennmäuse auf neutralem Boden stattfindet. Diese Methode eignet sich gut bei Rennmäusen über deren Verhalten wenig bekannt ist, die bei Begegnungen mit Artgenossen nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ handeln oder bei Tieren die aufgrund der Enge am Trenngitter aggressiv reagieren. Gut geeignet ist die Badewanne, welche vorher heiß ausgespült werden sollte, sodass der Boden nicht kalt ist. Es sollte ein Wassernapf angeboten und Körnerfutter in der Mitte verstreut werden. Darüber hinaus sollte sich vorerst nichts anderes in der Badewanne befinden. Zudem sollte Handfeger, Kochlöffel oder ähnliche bereit liegen, um die Tiere im Bedarfsfall zu stören. Wenn alles vorbereitet ist, kann man beide Rennmäuse in die Badewanne setzen. In der Regel erkunden beide Tiere erst mal aufgeregt die neue Umgebung. Das andere Tier wird beiläufig wahrgenommen, aber vorerst ignoriert. Nach wenigen Minuten ist die Umgebung erkundet und der Artgenosse rückt in den Interessensbereich. Verhaltensweisen wie U - Stellung oder aufgestelltes Fell sollten sofort unterbunden werden. Aggressive Tiere dürfen behutsam mit dem Handfeger zur Seite geschoben werden. Einige Tiere lassen ihre Aggressionen mitunter am Handfeger aus und verbeißen sich darin. Das ist positiv! Weiterhin dürfen die Tiere mit Leckerlies aller Art gefüttert werden, sodass die Anwesenheit der anderen Maus positiv verknüpft wird. Als besonders hilfreich hat sich angemischter Päppelbrei erwiesen, der auf einem kleinen Teelöffel angeboten werden kann. Das ständige Stören, Wegdrängen oder Unterbinden dauert in der Regel eine halbe Stunde bis Stunde. Eine vorbereitete Transportbox kann nun vom Halter etwas schräg in die Badewanne gehalten werden, sodass die Tiere selbstständig hinein klettern können. Der Deckel sollte auf jeden Fall noch einige Minuten offen sein, sodass eine ängstliche Maus ungehindert raus springen kann. Auch sollte der Halter noch ohne Probleme eingreifen können. Sind beide Tiere friedlich in der Transportbox, kann man den Deckel schließen. Man kann sich nun mitsamt der Box an einen ruhigen Ort in der Wohnung setzen.Manchmal hilft bei angespannten Tieren auch ein entspanntes Umhergehen in der Wohnung. Sollten die Tiere in der Box aneinander geraten hilft ein vorsichtiges Schütteln der Box oder ein leichtes Klopfen auf den Deckel. Ansprache ist ebenfalls wichtig, es kann die Mäuse ebenso wie den Halter beruhigen. Verhalten sich die Mäuse in der Box in den ersten 6-12 Stunden friedlich, kann wie bei der Trenngitter-Methode im letzten Absatz bereits beschrieben, weiter verfahren werden.
Die Etappenmethode
Diese Methode eignet sich sehr gut für Tiere, die bisher schlechte Erfahrungen mit anderen Mäusen gemacht haben und nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ handeln. Trotz allen Tricks und Methoden kann es bei jeder Vergesellschaftung passieren, dass die Tiere sich einfach nicht leiden können. Der Anfang dieser Methode gleicht der Großraummethode. Der neutrale Ort der Begegnung kann eine Badewanne, ein 100 er Aqua, eine Duna oder ähnliches sein. Zu beachten ist auf jeden Fall, dass der Ort neutral ist, dass die Mäuse relativ viel Platz haben und dass der Halter schnell eingreifen kann. Die Besonderheit an dieser Art der Vergesellschaftung ist, dass die Tiere nur so lange zusammen bleiben, bis das Verhalten einer Maus „angespannt“ oder „aggressiv“ wird. Wenn dies der Fall ist, sollten die Rennmäuse unverzüglich getrennt werden. Diese Prozedur wird solange täglich wiederholt bis die Mäuse verstanden haben, dass Artgenossen nicht immer verletzende Absichten haben. Bestenfalls verlängert sich die Zeit des harmonischen Zusammenbleibens kontinuierlich. Irgendwann wird der Tag kommen, an dem die beiden Mäuse nicht mehr getrennt werden müssen. Sie können dann bereits in einen abgetrennten Teil des Endgeheges übergesiedelt werden bzw. einfach im Raum des Zusammentreffens bleiben, sofern es sich dabei um ein Aquarium, eine Duna oder Ähnliches handelt. Man sollte für die intensive Beobachtung mindestens einen Tag einplanen, besser mehr.