Dominanz- und Sozialverhalten bei Farbmäusen
Wie in nahezu jedem Verband mit sozialer Interaktion gibt es auch in Mäusegruppen eine Rangordnung. Es ist normal, dass diese Rangfolge im Verlauf der Vergesellschaftung unter den Mäusen ausgemacht wird.
Zu beobachten sind in dieser Phase jagen, beschnüffeln des Hinterteils, „schubsen“ mit der Nase oder Zwicken, vor allem in Schwanz und Hinterteil. Rangniedrige Tiere werden bestiegen, kurzzeitig verjagt oder verfolgt. Das Besteigen ist sowohl bei Männchen als auch bei Weibchen zu beobachten. Es ist auch zu beobachten, dass die führenden Tiere der Gruppe zuerst fressen, während die anderen abwarten und sich mit Nestbau oder ähnlichem beschäftigen.
Um das vielfältige Sozialverhalten seiner Tiere besser verstehen und einschätzen zu können, ist aufmerksames Beobachten hilfreich.
- Maus unterwirft sich = duckt sich und senkt das Köpfchen vor der anderen Maus, um diese zum Putzen aufzufordern
- Maus unterwirft sich nicht = bleibt in abwartender Position stehen und ist bereit, sich zu wehren, richtet sich dabei etwas auf, hebt (oft) die Vorderpfoten, „boxt“ manchmal sogar und quiekt, wenn die andere zu nah kommt.
Achtung, im Auge behalten! Solche Situationen können in der nächsten Sekunde zu einer Verfolgungsjagd führen, zu einem Beißknäuel oder auch nur dazu, daß beide sich erst mal aus dem Weg gehen.
- Maus ist dominant = Maus läuft hinter anderer Maus her und beginnt wild, deren Köpfchen und Rücken zu putzen, regelt auf freundliche Art das Verhältnis
- Typisch für dominante, aber nervöse Maus = Maus schlägt schnell und trommelnd mit dem Schwanz, während sie erstarrt sitzenbleibt; kann Warnsignal an andere Mäuse oder (häufiger) an den Menschen bedeuteten und heisst so viel wie: „Paß bloß auf, Mensch, ich greife gleich an, mach, daß du wegkommst!“ An andere Mäuse gerichtet bedeutet es auch: „Achtung, seid aufmerksam, paßt auf!“
Solange sich diese Verhaltensweisen nach einer Weile wieder legen und kein Blut fließt, gibt es keinen Grund, einzugreifen. Es ist die natürliche Art und Weise, eine Rangordnung festzulegen. Als Anhaltspunkte, abweichendes Sozialverhalten zu erkennen und ggfs. die Mäuse zu trennen, kann folgendes dienen:
- Tiere beißen sich, es ist Blut zu sehen
- einzelne Tiere werden derart gemobbt, daß sie einige Bereiche nicht mehr betreten dürfen oder ausschließlich in einzelnen Bereichen bleiben dürfen
- Tiere beißen sich gegenseitig vom Futter weg
- Tiere lassen sich gegenseitig nicht mehr aus dem Häuschen heraus- oder hereinkommen
- Tiere bekämpfen sich kugelnd
Sind die Rangordnungspositionen geklärt, entsteht im Allgemeinen ein friedliches Miteinander.
Es kann passieren, dass die Rolle des Alphatiers (= Leittiers) von Zeit zu Zeit in Frage gestellt wird, vor allem wenn dieses Tier altert oder krank wird. Dies ist ein natürlicher Schutzmechnismus für die gesamte Gruppe, weil nur starke, vitale und kräftige Tiere in der Lage sind, eine Gruppe zu schützen und zu führen.
Mäuse, die harmonisch zusammenleben, müssen nicht andauernd feststellen, wer wo in der Rangordnung steht. Es gibt im allgemeinen auch keine Jagdszenen. Schwanztrommeln ist immer ein Zeichen von Unruhe und eine Warnung. Wenn Mäuse sich untereinander permanent warnen müssen, stimmt etwas nicht. Auch das ständige Aufreiten zwecks Positionsklärung ist in Gruppen, die sich gefunden haben, sehr selten oder gar nicht zu beobachten. Handelt es sich um gemischtgeschlechtliche Gruppen, können natürlich die Kastraten die Mädchen besteigen, so diese sich das gefallen lassen.
Futterneid mit anschließendem Verfolgen und gegenseitiges Putzen sind dagegen völlig alltägliche Szenen.
Ein falscher Ansatz wäre es, zu denken, dass rangniedrige Tiere unter ihrer Position leiden oder sich unwohl fühlen. Die Hierachie einer Mäusegruppe gibt der ganzen Gruppe Schutz. Rangniedrige Tiere sind zwar offensichtlich oftmals die „Fußabtreter“ der Ranghohen, aber trotzdem ist es „ihre“ Gruppe, in der sie die Gewissheit haben, ein Mitglied zu sein. Weiterhin haben sie die Sicherheit, sich auf ihren Anführer verlassen zu können, wenn Gefahr droht.
So findet in der Regel jede Maus ihren Platz in einer Gruppe. Das ausgeübte Dominanzverhalten ist natürlich und muss durchgeführt werden, damit eine friedliche soziale Interaktion entstehen kann.